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Probleme rund um den Kindergottesdienst
Der Vergleich von Umfragen zum Kindergottesdienst über Jahrzehnte
hinweg bringt deutlich das Dilemma ans Tageslicht, vor dem der
Kindergottesdienst gegenwärtig steht: Die Zahl der
Kindergottesdienstbesucher ist massiv eingebrochen.
So ist die Zahl der Kinder, die am Sonntag Invokavit den Kindergottesdienst
in den westlichen Gliedkirchen besuchten von 1975 auf 1995 um real
mehr als 50% zurückgegangen.
Der prozentuale Rückgang der Kinder dürfte jedoch weit darunter liegen, da es heute einfach weniger Kinder gibt als früher.
Nach etwas gewagten Hochrechnungen mangels Zahlen
werden 1995/96 gerade noch etwa 9% aller evangelischen Kinder
durch den Kindergottesdienst erreicht. R.Maschwitz geht davon aus, dass heute etwa nur 10% aller möglichen Kinder einer Kirchengemeinde überhaupt erreicht werden können. Erreicht werden heißt aber, dass einige Kinder Woche
für Woche, andere dagegen nur einmal im Monat den
Kindergottesdienst besuchen. D. h., an einem durchschnittlichen
Sonntag besuchen etwa 4-5% der evangelischen Kinder einer
Gemeinde den Kindergottesdienst. Zudem muss noch auf das natürliche Sommerloch hingewiesen werden. Im Vergleich zu den Besucherzahlen um Weihnachten herum ist vor und nach den Sommerferien mit einem Einbruch von mehr als 50% zu rechnen. Wer nun die realen
Zahlen der möglichen Kinder der eigenen Gemeinde einsetzt, hat
eines der Hauptprobleme des Kindergottesdienstes deutlich vor Augen.
So belegen die statistischen Berichte der EKD aus den Jahren 1996
- 2000 weiter einen kontinuierlichen (!) Rückgang der angebotenen
Kindergottesdienste innerhalb dieser 5 Jahre um mehr als 12,5%
für die gesamte EKD und um knapp 5,7% für Württemberg. Für
dieselben 5 Jahre ist laut dieser Zahlen der
Kindergottesdienstbesuch am Sonntag Invokavit in Württemberg um 16% kontinuierlich gesunken. Dieser Prozentsatz wurde in der EKD
allein in den Jahren 1998-2000 erreicht. (Für den Zeitraum
davor sind die Zahlen unvollständig. Zu den Veröffentlichungen der EKD, siehe im Internet, 1998-2000.)
Auch wenn man sehr vorsichtig mit diesen Zahlen umzugehen hat, so zeigen sie allemal eine erschreckende Tendenz.
Wo sind die möglichen Ursachen für den Rückgang zu suchen?
Die Ursachen sind sicher von Gemeinde zu Gemeinde gesondert zu
betrachten, Unterschiede von Landeskirche zu Landeskirche und auch
ein Stadt-Land-Gefälle sind zu berücksichtigen. Dennoch gibt es
Faktoren, die mehr oder weniger dieses Gesamtbild beeinflussen.
- Es gibt heute defakto weniger Kinder als z. B. in den 60er
Jahren. Lagen die Geburten für Baden-Württemberg pro Jahr für
dieses Jahrzehnt (1960-69) bei durchschnittlich 150.000, so waren
es im letzten Jahrzehnt (1990-99) nur noch durchschnittlich
115.000. (Vgl. Internetveröffentlichung des statistischen
Landesamts für BW.)
- Die Entkirchlichung gerade junger Familien schlägt sich hier
besonders nieder. Gehörte in der Nachkriegszeit der Kirchenbesuch
noch zum guten Ton, so ist heute genau das Gegenteil der Fall. Und
nur noch wenige Eltern legen heute Wert darauf, dass ihre Kinder
den Kindergottesdienst besuchen. Es ist demgegenüber aber
interessant zu beobachten, wie viele Eltern ihre Kinder zum
Kindergottesdienst bringen und dann wieder nach Hause gehen,
obwohl nebenan zeitgleich Gottesdienst für Erwachsene stattfindet.
Dass Kindern ab einem gewissen Alter dieser Sachverhalt auffällt,
steht außer Frage und könnte gerade auch das Fernbleiben der
10-13-Jährigen in unseren Kindergottesdiensten erheblich
verstärken, nach dem Motto: Gottesdienst ist nur etwas für die
Kleinen!
- Der Sonntag hat seine religiöse Bedeutung verloren und
dementsprechend hat sich das Freizeitverhalten in den letzten
Jahrzehnten massiv verändert. Gerne wird der Sonntag zum
Ausschlafen und gemütlichen Frühstück genutzt. Und vielleicht
nutzen die Eltern gerade diesen Tag, um etwas mit ihren Kindern zu
unternehmen oder einfach nur gemeinsam Zeit zu verbringen. Und so
urteilt Blohm (1996): "Die sonntäglichen Gepflogenheiten in
vielen Familien lassen Kindern nicht den Raum, sich für den Besuch
des Kindergottesdienstes zu entscheiden." Kindergottesdienst wird nur dann besucht, wenn man gerade nichts besseres zu tun hat.
- Zudem spielt die Mobilität eine nicht geringe Rolle. Nicht
nur, dass der Sonntag zum Ausflugstag geworden ist, sondern auch
die Tatsache, dass gerade viele junge Familien, denen der Glaube
wichtig ist, der volkskirchlichen Heimatgemeinde mehr oder weniger
den Rücken gekehrt haben und am Sonntag zum Gottesdienst in eine
mehr oder weniger weit entfernte Freikirche fahren. Gerade deren
Kindergottesdienste platzen z. T. aus allen Nähten. Hier haben wir
es zusätzlich auch mit einem volkskirchlichen Problem zu tun.
- Kindergottesdienst als Gemeinschaftsgefühl liegt z. T. nicht
mehr im Trend der Zeit. Viele Kinder - nicht alle! - sind zu
Einzelgängern geworden. Ihnen fällt es schwer, sich in eine
Gemeinschaft einzufügen. (Alleine zu spielen macht mehr Spaß als mit anderen!)
- So widersprüchlich das folgende Argument auch erscheint, es
hängt in meinen Augen eng mit dem vorhergehenden zusammen: Die
Kinder, die kommen, erleben den Kindergottesdienst nicht als
Treffpunkt ihrer Freunde. Und so bleiben viele Kinder gerade im
Kindergottesdienst einsam! Aber gerade da, wo es gelingt, ganze
Cliquen zu erreichen, habe ich immer wieder ein kontinuierliches
Kommen in den Kindergottesdienst erlebt, bis hin zum letzten
Sonntag vor dem Konfirmandenunterricht!
- Die Medienvielfalt tut das ihre dazu. Der Fernseher ersetzt
scheinbar Freunde. Wer will, findet gerade im
Sonntagvormittagsprogramm auch religiöse Angebote. Wozu da noch
den Fuß vor die Tür setzen? Nicht nur einmal wurde ich damit
konfrontiert, dass "Die Sendung mit der Maus" ein
Hemmnis für den Besuch des Kindergottesdienstes gewesen ist.
Folglich müssen wir uns in diesem Zusammenhang auch über die
Qualität und Attraktivität unserer Kindergottesdienste ernsthafte Gedanken machen: Können wir mit den modernen Medien konkurrieren? Ist unser Angebot
attraktiv: eine wohltuende Gemeinschaft, gut vorbereitet,
kindgerecht, relevant und abwechslungsreich?
- Ist der Kindergottesdienst als Allroundveranstaltung für
Kinder von 3-13 Jahren überhaupt noch attraktiv für die Einzelnen?
Am Besten noch alle in einer Gruppe!?
- Wie sprechen wir die potentiellen Kindergottesdienstbesucher
überhaupt an? Wie kann das "Markenprodukt"
Kindergottesdienst so in die Häuser kommen, dass die Kinder aus
den Häusern zum Kindergottesdienst kommen? Betreiben wir noch
Werbung? Hat unser Kindergottesdienst einen Ruf, der für sich
schon Werbung macht? Zeigen wir Interesse an den Kindern? Gehen
wir den Kindern unaufdringlich nach, die zuerst regelmäßig da
waren und dann plötzlich fern bleiben? Ich habe Kinder selbst
darüber klagen gehört, dass sich nach ihrem Fernbleiben nie jemand
nach ihnen erkundigt hat. Das Ergebnis: Also bin ich denen ja auch
nichts wert!
- Es wird zudem immer schwieriger neue Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter zu finden. Viele wollen sich nicht mehr auf eine
wöchentliche Mitarbeit festlegen lassen. Und lang gediente
jugendliche Helfer müssen oft zwangsläufig ausbildungsbedingt
ihre Mitarbeit beenden.
Es ist deutlich geworden: Die Zeiten haben sich geändert! Viele
Einflüsse von außen lassen die Zahlen des Kindergottesdienstes in
den Keller fallen. Daneben gibt es aber auch die hausgemachten
"Motivationskiller" (sh. o.).
Wer dem allgemeinen Trend des Kindergottesdienststerbens also
entgegen wirken will, sollte zunächst versuchen, an den
hausgemachten Motivationskillern zu arbeiten, bevor man dem
Einfluss von außen etwas entgegensetzen will!
Positive Ansätze zu einem Gemeindeaufbau gerade auch durch den Kindergottesdienst:
(Diese Ausführungen sind meiner Hausarbeit für das 2.theol. Examen entnommen. Sie stammen vom Juni 2003.)
Die letzte Änderung fand am 02.07.2003 statt.
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