|
|
Kindergottesdienst und Gemeindeaufbau
Kindergottesdienst in den Gemeindeaufbautheorien
Kindergottesdienst und Gemeindeaufbau - wie geht das zusammen?
Wenn man in der gegenwärtigen Landschaft der Literatur nach
entsprechenden Kapiteln sucht, könnte man den Eindruck gewinnen,
der Kindergottesdienst kann nichts zum Gemeindeaufbau beitragen.
Die jüngste Zielgruppe, die im Zusammenhang des Gemeindeaufbaus
Beachtung findet, sind - soweit ich sehe - die Konfirmanden.
Durch das Projekt KU 3+8 kommen allerdings jetzt erstmals
zumindest auch die 9-Jährigen in den Blick, auch wenn man den
Eindruck hat, dass in diesem Fall wiederum das Augenmerk besonders
auf die Eltern gerichtet ist.
Woran mag das liegen? Zwei Gründe scheinen mir dabei
wesentlich zu sein.
- Die Kinder sind schlichtweg aus dem Blickwinkel, oder sagen
wir vorsichtiger, an den Rand des Blickwinkels vieler Theologen
geraten. Die Arbeit mit Kindern - so gerne man sie auch haben
mag! - wird vielfach eher als Kür, denn als unmittelbare Aufgabe
des Pfarramts gesehen.
- ist hier die Verortung des Kindergottesdienstes in der
wissenschaftlichen Theologie zu nennen. "Ein sicheres
grundsätzliches Urteil über die Bedeutung des Kindergottesdienstes
und seine Stellung zum Gemeindegottesdienst hat sich bislang weder
in der kirchlichen Praxis noch in der theologischen Wissenschaft
durchgesetzt." Man muss leider den Eindruck gewinnen, dass sich seit diesem Votum von E. Hoyer aus dem Jahre 1933 nicht wirklich Wesentliches
an dieser Situation geändert hat. Und so urteilt C. Berg 1987:
"Der Kindergottesdienst sitzt, praktisch-theologisch
gesehen, zwischen allen Stühlen, da keine der Disziplinen ihn für
sich reklamieren kann oder auch nur alle Dimensionen des
Kindergottesdienstes zu beschreiben und zu reflektieren in der
Lage ist." Damit ist das Dilemma auf
den Punkt gebracht. Seit 1970 gehört der Kindergottesdienst
praktisch-theologisch gesehen nun zur Religionspädagogik. Dass die
Religionspädagogik sich nicht zuerst Gedanken über den
Gemeindeaufbau macht, kann ihr wohl niemand vorwerfen.
So wenig also wissenschaftlich über die Bedeutung des
Kindergottesdienstes im Gemeindeaufbau reflektiert wurde, so
zahlreich sind zumindest die Andeutungen - mehr aber auch nicht
- über dieses Thema in den Veröffentlichungen, die aus dem Umfeld
des Kindergottesdienstes hervorgehen. So beklagt Maschwitz nicht
nur wie oben beschrieben die schlechte Ausbildung der Theologen im
Hinblick auf den Kindergottesdienst, sondern folgert daraus auch:
"Damit wird eine Chance zum Gemeindeaufbau
vertan".
Vieles wird also davon abhängig sein, wie Kirche mit Kindern vor
Ort bewertet, wertgeschätzt und vorangetrieben wird. Werden die
Kinder jedoch als ebenbürtige Adressaten des "Gehet hin
... und macht zu Jüngern" (Mt 28,19a) wie die Erwachsenen
gesehen und wird die Verkündigung für sie ebenso hoch bewertet -
und selbstverständlich in der Praxis auch Rechnung getragen - wie
die für die Erwachsenen, dann ist damit schon ein wesentlicher
Grundstein dafür gelegt, dass Gemeindeaufbau auch durch
Kindergottesdienst geschehen kann.
Zum Gemeindeaufbau allgemein
Zunächst gilt es, einiges Grundsätzliche über den Gemeindeaufbau,
seine Herkunft, sein Gemeindeverständnis und seine
grundsätzlichen Aufgaben darzustellen.
Der Gemeindeaufbau geht letztendlich auf Jesus selbst zurück. Am
besten lässt sich das am Missionsbefehl festmachen: Gehet hin in
alle Welt und machet zu Jüngern alle Völker... (Mt 28,19).
Gemeindeaufbau ist daher schon an sich missionarisch. Es geht um
das weltweite Wachstum der Gemeinde, was selbstverständlich nicht
anders geschehen kann, als im Wachstum jeder einzelnen
Ortsgemeinde. Ja mehr, es geht dabei um das Individuum, das dem
Jüngerkreis hinzugefügt werden soll. Aber nicht genug damit, diese
getaufte Jüngerschar gilt es, weiter in der Lehre Jesu zu schulen.
Es geht letztendlich darum, dass Menschen "zu einer
persönlichen Christusbegegnung kommen" (M. Seitz)
und dazu befähigt werden, dem Meister zu folgen.
Aber wie macht man das?
Dieser Frage wurde in den 80-er Jahren des
letzten Jahrhunderts besonderes Gewicht geschenkt.
Einer der ersten, der hier Schritte für einen missionarischen
Gemeindeaufbau veröffentlichte, war Theo Sorg. Seine Überlegungen
resultierten nicht nur aus der Situation der Volkskirche, sondern
waren auch getragen von einer Liebe zu dieser, die eben auch das
ganze Volk erreichen will. "Leben aus der
Mitte" war dabei sein Motto, der
Gottesdienst das Zentrum des missionarischen Gemeindeaufbaus.
Freilich ging er dabei von einem einladenden Gottesdienst aus, mit
einer missionarischen Verkündigung, einer nachgehenden Seelsorge,
einem Stab von geistlich motivierten Mitarbeitern und Kleingruppen
in der Gemeinde, die nicht nur in die biblische Lehre solide
einführen, sondern zugleich auch geistliches Leben praktizieren
sollten.
Dabei wurde deutlich: Gemeinde ist nicht einfach schon vorhanden
- auch nicht in einer Volkskirche! Gemeinde ist - das liegt in
der Natur des Sache - immer auf Wachstum ausgelegt! Und Gemeinde
ist selbst noch in ihrem innersten Zirkel - wie auch immer der
aussehen mag! - eines Wachstums bedürftig, also von einem guten
zu einem besseren Glauben zu kommen. Und gerade auch das Umfeld
der Volkskirche hat gezeigt: Es bröckelt an den Rändern, die Zahl
derer, die sich wie auch immer zur Gemeinde halten, nimmt stetig
ab. Seitz geht sogar noch einen Schritt weiter, wenn er selbst von
einer Erosion in der Mitte ausgeht. Das hat aber katastrophale
Konsequenzen, denn damit lässt die Anziehungskraft der Mitte nach,
gerade diese missionarisch wichtige Mitte bleibt letztendlich ohne
Wirkung nach außen.
Gemeindewachstum hat folglich eine Innen- wie auch eine
Außenperspektive.
Betrachtet man schließlich die grundsätzlichen Aufgaben des
Gemeindeaufbaus, dann gilt es dreierlei festzuhalten:
- Gemeindeaufbau ist der Wille des auferstandenen Herrn, der
diese Aufgabe seinen Jünger anvertraut, nicht jedoch ohne die
Verheißung: Ich bin bei euch alle Tage! Er selbst, der
Auferstandene, ist so das Subjekt des Gemeindeaufbaus.
- Aber der Auferstandene bezieht die Jünger mit ein und
befähigt sie für diese Aufgabe. Befähigen meint aber auch, die
Jünger haben unterschiedliche Gaben bekommen, die sie entsprechend
einsetzen sollen. Gemeindeaufbau erfolgt also "mit Hilfe von
einzelnen, die den Zuspruch des Evangeliums an sich geschehen
... lassen und zum Aufbau dadurch beitragen, dass sie das,
was an ihnen geschehen ist, mitteilen und anderen
weitergeben." (Seitz)
Ganz nebenbei ist
Gemeindeaufbau damit auch kein Einzelunternehmen, sondern ein
Zusammenspiel Vieler mit ihren vielfältigen Begabungen (vgl. Eph
4,11f).
- Gemeindeaufbau ist ein planmäßiges Geschehen. Dahinter
steckt nicht allein ein Wille, sondern eine ganze
Konzeption (Man vergleiche dazu nur die Reisepläne des
Paulus!), die auf gewissen "Regeln" basiert, die nicht
nur, aber auch ein an Zahlen messbares Wachstum der Gemeinde
erreichen will.
Gemeindeaufbau ist "also nie eine planlose Addition von mehr
oder weniger sinnvollen kirchl. Aktivitäten." (M. Herbst)
Gemeindeaufbau zielt auf ein intensives Wachstum, indem es von einer guten zu einer besseren Gemeinschaft der Heiligen führen will. Dabei gilt es besonders im volkskirchlichen Umfeld, die Getauften, aber dem Glauben
entfremdeten, zum Glauben einzuladen. Und Gemeindeaufbau zielt auf
ein extensives Wachstum als missionarische Aufgabe an den
Ungetauften, insofern sie anstrebt, dass täglich Neue hinzugefügt
werden (Apg 2,42) - ohne zu vergessen, dass nach wie vor der Herr
das Subjekt des Gemeindeaufbaus ist. Es geht also darum, dem "Handeln Gottes dienstbar" zu sein. (Herbst)
"Extensives und intensives Wachstum
müssen einander entsprechen; keines für sich genommen
genügt." (Herbst)
Schließlich gilt es zu betonen, dass Gemeindeaufbau nicht als
Programm zu verstehen ist, das durch die Not der schwindenden
Mitgliederzahlen diktiert wird, sondern vielmehr als Gehorsam
gegenüber dem Auftrag des Auferstandenen: Machet zu Jüngern!
Was für den Gemeindeaufbau allgemein gilt, lässt sich durchaus auf
das spezielle Feld Kindergottesdienst übertragen, zumal, wenn
der Gemeindeaufbau aus der Mitte lebt, Gemeindeaufbau vom Kinder-Gottesdienst aus und auf ihn hin praktiziert wird!
Und speziell eine Kirche, die für die Säuglingstaufe eintritt,
steht in besonderer Pflicht, Gemeindeaufbau unter besonderer
Berücksichtigung der Kinder zu betreiben. Winkler schreibt dazu:
"Gemeindeaufbau wird zur notwendigen Konsequenz aus der Taufe
und zum Kriterium für die Glaubwürdigkeit der
Taufpraxis."
Der Kindergottesdienst kann zwar nur Teil einer Gesamtkonzeption
eines missionarischen Aufbaus sein, aber innerhalb dieser
Gesamtkonzeption kann der Kindergottesdienst - als Gottesdienst
der Kinder einer Gemeinde - durchaus seinen Teil für einen
missionarischen Gemeindeaufbau übernehmen.
Was es dabei zu beachten gilt, welche "Regeln" für ein
planvolles Handeln dazu aufgestellt werden können, welche Chancen
und Grenzen damit einhergehen, gilt es im Folgenden darzustellen.
Gemeindeaufbau durch Kindergottesdienst
Vorbemerkungen
Wenn nun im Folgenden dargestellt wird, wie durch den
Kindergottesdienst Gemeindeaufbau praktiziert werden kann, so ist
immer zu beachten a) Der Geist schenkt den Glauben wo und wann er
will (CA 5)! und b) Nie darf der spezielle und konkrete Kontext
außer Acht gelassen werden: Der Ort, die Gemeinde, die
Mitarbeitenden, die Kinder, die Räumlichkeiten, etc.
Wie bereits beschrieben, hat Th. Sorg ein Konzept von
missionarischem Gemeindeaufbau vom Gottesdienst her entwickelt.
Sorg konkretisiert dieses Konzept an Hand von 7
Schlagwörtern. Ich möchte diese
aufnehmen und auf die konkrete Situation des Kindergottesdienstes
anwenden, nicht ohne dabei auch über die Vorschläge Sorgs
hinauszugehen.
Missionarischer Gemeindeaufbau
Einladender (Kinder-)Gottesdienst
Einladender Kindergottesdienst ist für mich zuallererst, wie
Nipkow beschrieben hat: "Wenn er so lebendig gestaltet wird,
mit Phantasie und Hingabe, daß sich dies
herumspricht".
Was aber heißt, lebendig, mit Phantasie und Hingabe gestalten?
Diese Frage ist auch verknüpft mit der, was wohl ein Kind
empfindet, wenn es das erste mal in den Kindergottesdienst kommt,
aber auch mit der, was erwartet die, die regelmäßig kommen?
- Deshalb muss ein Kindergottesdienst Wärme und Nähe
ausstrahlen. Dazu gehört, dass bekannte Kinder mit ihrem Namen
begrüßt werden und dass neue Kinder bereits an der Tür empfangen
und willkommen geheißen werden und eine Mitarbeiterin mit ihnen
die nächsten Schritte geht. Während des Kindergottesdienstes muss
das eine oder andere Mal vielleicht auch erklärt werden, was jetzt
kommt, besonders bei der Gruppenaufteilung für die Verkündigung.
- Kindergottesdienst, der Wärme ausstrahlen soll, ist auch
abhängig vom Raum, in dem er gefeiert wird. Forderungen nach
eigenen Kinder-Kapellen halte ich für die meisten Gemeinden
schlicht für überzogen. Viele Gemeinden sind hier in ihren
Möglichkeiten beschränkt. Deshalb gilt es wenigstens das Beste aus
dem zu machen, was vorhanden ist.
Dazu gehört a) dass der
Kindergottesdienst immer im selben Raum stattfinden kann und nicht
wegen Familienfeiern etc. ständig vermietet ist.
b) Dass der Raum
am Sonntagmorgen ganz dem Kindergottesdienst gehört. Was für ein
Bild der Wertigkeit des Kindergottesdienstes vermitteln wir denn
den Kindern, wenn sie den Raum in dem ihr Kindergottesdienst
stattfindet nicht betreten dürfen, weil gerade der Kirchenchor
probt? Welchen Eindruck hinterlässt es, wenn der Raum zur Hälfte
von Tischen belegt ist, die bereits für eine Familienfeier gedeckt
sind? Wäre die Gemeinde der Erwachsenen bereit, darin mit einem
guten Gefühl Gottesdienst zu feiern? Am besten noch mit dem
Bratenduft in der Nase und dem Klappern aus der angrenzenden
Küche?
c) Spielt die eigene Gestaltung des Raumes wenigstens für
die Zeit des Kindergottesdienstes eine wichtige Rolle. In der
Kirche gibt es Messner und Messnerinnen, die mit viel Liebe alles
in Ordnung halten, die Kirche mit Blumen dekorieren und alles für
die Feier des Gottesdienstes vorbereiten. Und im
Kindergottesdienst? Auch hier lässt sich sicher ein Altar
herrichten. Auch die Art und Weise, wie Stühle für den
Kindergottesdienst aufgestellt sind, verrät viel. Finden die
Kinder vielleicht auch Produkte ihrer eigenen Kreativität aus den
letzten Vertiefungseinheiten hier ausgestellt?
- Womit sind eigentlich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
eine viertel Stunde vor dem Kindergottesdienst beschäftigt? Haben
sie Zeit für Gespräche mit den ersten Kindern oder sind sie mit
dem Herrichten des Raumes beschäftigt? Schließlich ist zu fragen,
welche Ausstrahlung haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
selbst? Sind sie schon völlig gestresst, oder sind sie gar kaum in
der Lage, die Augen zu öffnen, weil die Nacht zu kurz war?
Was aber bewirkt es, wenn die Helfer mit einer Ausstrahlung der Freude
und des Willkommenheißens für die Kinder da sind? Das ist für mich
ein Teil dessen, was Sorg unter dem Stichwort persönliches Zeugnis
hier fordert. Es ist beeindruckend, wie Askani von einem Helfer in
seiner Kindheit berichtet, dessen Schwächen den Kindern sehr
deutlich vor Augen standen, dessen Treue und Engagement ihn aber
zu einem Zeugen des Evangeliums machten.
- Zu einem einladenden Kindergottesdienst gehört es auch, wie
die Kinder im Vollzug der Feier abgeholt, angesprochen und mit
eingebunden sind. Dass Kinder feststehende Rituale brauchen, um
sich sicher und geborgen fühlen zu können, ist hinlänglich
bekannt. Vorsicht ist angesagt bei der Liedauswahl. Sind alle im
Kindergottesdienst vertretenen Altersgruppen dabei gleichmäßig
berücksichtigt? Gibt es auch eine gewisse Abwechslung im Liedgut?
Werden die Lieder vielleicht auch durch ein paar Worte eingeführt?
Gibt es eine ansprechende Begleitung durch Gitarre oder
Klavier?
Aber auch im Verkündigungsteil gilt es auf abwechslungsreiche
Methoden in der Darbietung zu achten. Je älter die Kinder werden,
umso wichtiger ist dieser Gesichtspunkt. Hier ist besonders viel
Hingabe und Phantasie nötig. Vielleicht hilft es uns, wenn wir uns
selbst immer wieder bewusst machen, dass wir den Kindern die beste
und aufregendste Botschaft mitteilen wollen, die auf dieser Erde
je vernommen wurde!
Ist unser Erzählstil diesem Anspruch
angemessen? Und gerade den Verkündigungsteil gilt es auch
anschaulich zu gestalten. Entweder müssen durch die Erzählung
Bilder in den Köpfen der Kinder entstehen, oder wir müssen mit
Bildern erzählen, mit Figuren die Szenen nachstellen oder gar
selbst in die einzelnen Rollen schlüpfen!
Gerade der Kindergottesdienst bietet viele Möglichkeiten einer
stärkeren Einbindung der (Kinder-) Gemeinde! Mitmach- und
Bewegunslieder, Vorbeter, Einbringen eigener Gedanken im
Verkündigunsteil, kreative Vertiefungsphasen aber auch die
persönliche Feier eines Tauftags sind nur ein paar der
Möglichkeiten, die der Kindergottesdienst hier bereit hält.
- Darüberhinaus muss auch explizite Werbung betrieben werden.
Viele Kinder brauchen eine "extra Einladung". Sie müssen
erfahren: die meinen auch mich! Ich habe immer wieder erlebt, wie
diese Einladungen Kindern die Tür zum Kindergottesdienst geöffnet
haben. Seither sind sie regelmäßig da!
Eine weitere Möglichkeit ist ein kleiner Besuch im Rahmen des 5.
Tauftags, bei dem die Kinderkirchhelfer neben einer Einladung auch
eine dem Alter entsprechende Kinderbibel der Gemeinde vorbei
bringen. Dabei entwickeln sich z. T. sehr schöne Gespräche, Kinder
fühlen sich eingeladen und nicht selten entwickeln die
Kinderbibeln eine Eigendynamik: Eltern lesen daraus vor, kommen
mit den Kindern ins Gespräch und nicht selten auch zum eigenen
Nachdenken über den Glauben.
Das sind Chancen, die zu nutzen sind. Einiges davon wird sicher
auf gutes Land fallen und entsprechend Frucht bringen! Ich bin der
Überzeugung, dass Kindergottesdienst auch heute noch so gestaltet
werden kann, dass er nicht nur einladend wirkt, sondern, dass sich
das auch herum spricht! Wenn sich aber Kindergottesdienst im
positiven Sinne herum spricht, wird dies nicht zuletzt auch
Auswirkungen auf die Eltern und ihre Einstellung zu Kirche haben.
Missionarische Verkündigung
In der missionarischen Verkündigung geht es darum, "Alltagsnahrung für die Kinderseele" zu verteilen. "Das
Kind soll das bekommen, was es für seine gegenwärtige Entwicklung
bedarf, also nur Dinge, die es auch verdauen kann. Je besser die
Nahrung, desto kräftiger das Wachstum, und je besser das Wachstum,
um so grösser auch der Hunger." Dieses Zitat stammt nicht aus
einer Werbung für Babynahrung, sondern aus einem Plädoyer für den
Kindergottesdienst. (Jung) Dabei geht es um
geistliches Wachstum und Entwicklung.
Missionarische Verkündigung ist für mich zuerst auf das Alter der
Kinder zurechtgeschnittene Verkündigung der frohen Botschaft, des
Evangeliums! Weiter gehört für mich dazu, dass diese Verkündigung,
wie bereits im vorigen Abschnitt beschrieben, attraktiv und
einladend ist. Bedenkt man den Entwicklungspsychologischen
Unterschied der Dreijährigen zu den 13-Jährigen, dann kann
missionarische Verkündigung nur in der Aufteilung der Kinder in
mindestens drei, besser vier Altersgruppen
stattfinden.
In meiner vorigen Gemeinde haben wir die vier Altersgruppen
praktiziert. Es waren genügend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
sowie auch genügend Räume vorhanden. Zudem wurde auch die Liturgie
in zwei Altersgruppen getrennt. Aus 30 Kindern wurden so binnen
etwa 2 Jahren 80 Kinder! Aber auch das Gegenteil habe ich erlebt.
Mangels Helfer werden die Kleingruppen reduziert. Besonders die
Ältesten bleiben schneller weg, als man schauen kann!
Im Zusammenhang der missionarischen Verkündigung gehört m. E. auch
das Stichwort Elementarisierung und der in der Promise-Land-Arbeit
von Willow-Creek immer wieder betonte Begriff der Relevanz! Die
Kinder sollen erfahren, dass diese biblischen Geschichten, die sie
hier hören, mit ihnen zu tun haben. Soweit es an uns liegt, müssen
wir alles daran setzen, dass die Erzählung so sehr für sich "spricht", dass die Kinder in den Geschichten wie J.G. Hamann
plötzlich entdecken: Das bin ja ich! Da geht es ja um mich! Und so
schreibt O. Bayer: "Erzählte Geschichten bieten
Identifikationsmöglichkeiten. Plötzlich sehe ich mich selbst in
der erzählten Geschichte und höre sie als meine eigene
Geschichte." Und an anderer Stelle:
"Gott begegnet in Geschichten und legt den diese alten
Geschichten Hörenden durch sie so aus, daß dieser verändert, ein
neuer Mensch wird." Das ist missionarische Verkündigung!
Dabei werden die einen Kinder viele Geschichten das erste Mal
hören. Ihnen ist die Welt der Bibel z. T. fremd. Dies gilt es dann
beim Erzählen angemessen zu berücksichtigen, so dass die Kinder in
dieser Geschichte mitleben können - eine besondere Fähigkeit der
Kinder!
Auf der anderen Seite werden viele der
Kindergottesdienstkinder die Geschichten schon kennen. Gerade die
Älteren schalten dann gerne ab: Kenn' ich schon! Aber ihnen muss
deutlich gemacht werden, da steckt auch für dich noch etwas "Neues" drin - quasi historisch und geistlich! -, denn darin
gleichen die älteren Kinder allemal den Athenern (vgl. Apg 17,21).
Als missionarische Verkündigung wird Kindergottesdienst
zuallererst eine elementare Grundkenntnis an biblischen
Geschichten zu vermitteln haben, darüber hinaus aber die Relevanz des Evangeliums den
Kindern nahe zu bringen suchen, um sie auf den Weg des Glaubens zu
führen. Und um diesen Weg mitgehen zu können, muss man ja wissen,
auf was man sich da einlässt, das fordert die Redlichkeit! Deshalb
ist es auch wichtig, dass der Text(-Themen)-Plan ein breites
Spektrum der biblischen Texte abdeckt. Obendiek ist darin zu
widersprechen, die Vorgaben dieser Texte als "tote Vorschrift
eines Textplanes" zu bezeichnen im Gegensatz zu der von
ihm vorgeschlagenen sozialpsychologischen Arbeit. Natürlich kann
sich Kirche vor letzterer Aufgabe nicht verschließen, aber es gilt
das Profil des Kindergottesdienstes als Gottesdienst am Sonntag
immer wieder zu schärfen und hier auch das anzubieten, was mit
diesem Markenzeichen versprochen wird: Gottesdienst mit Kindern!
Dennoch würde ich gerade dafür plädieren, dass der
Text-Themen-Plan speziell auch für die Sonntag für Sonntag
angebotenen Kindergottesdienste mehr biblische Reihen anbietet.
Wir haben sehr gute Erfahrungen in unseren Kindergottesdiensten
gemacht, wenn wir über Wochen hinweg bei ein und derselben
biblischen Gestalt geblieben sind. Gerade bei den Jüngsten haben
wir sogar entdeckt, wie sie mit diesem"
Glaubens-Vorbild" regelrecht zu leben beginnen und gespannt
auf die Fortsetzung kaum den nächsten Kindergottesdienst abwarten
können. Nach meiner Erfahrung bereitet es den Kindern dagegen sehr
große Schwierigkeiten, wenn in thematischen Einheiten Geschichten
aus ihren ursprünglichen Zusammenhängen herausgerissen und neben
andere aus anderen Kontexten gestellt werden, da sich die Kinder
mehr mit einer Person als mit einem Thema identifizieren. Weiter
sollte eine bessere Abstimmung mit den Pflichtthemen des RU - so
weit dies möglich ist - erfolgen. Wie viele Geschichten wie die
des Nehemia finden weder Eingang in den RU noch in den
Kindergottesdienst?
Missionarische Verkündigung kann auch insofern auf die Bedürfnisse
der Kinder eingehen. Ziel all dieser Unternehmungen wird dabei
sein, wie Askani einst betonte, die Gelegenheit des
Kindergottesdienstes wahrzunehmen, "beizeiten zu üben, im
Namen Jesu zu leben."
Nachgehende Seelsorge
Für die nachgehende Seelsorge ist zunächst einmal ein
Vertrauensverhältnis zu den einzelnen Kindern nötig. Dieses
Vertauensverhältnis kann aber nur durch die regelmäßige
Anwesenheit des Helfers als auch des Kindes entstehen. Im Übrigen
vermittelt ja der regelmäßig anwesende Helfer auch ohne Worte: der
Kindergottesdienst ist eine tolle Sache und ich habe Interesse an
ihm und an dir! Diese Regelmäßigkeit des einzelnen Helfers wird
sich auch im Besuch der Kinder widerspiegeln. Auch der Kontakt zu
dem es vor und nach dem Kindergottesdienst kommen kann, wird
seinen Teil zu diesem Vertrauensverhältnis beitragen. Kinder
spüren im Übrigen sehr schnell, ob ihnen ein offenes Herz entgegen
tritt oder nicht. Da kann es sich dann völlig ungezwungen ergeben,
dass Kinder anfangen, ihr Herz auszuschütten.
Nachgehende Seelsorge kann u. U. schon im Gespräch in der
Kleingruppe im Anschluss an die Verkündigung entstehen. Gut
erzählte Geschichten können Fragen aufwerfen, die hier z. T. ihren
Raum haben.
Nachgehende Seelsorge heißt aber auch, dass Kinder, die nicht mehr
in den Kindergottesdienst kommen, besucht werden oder zumindest
eine kleine persönlich gestaltete Einladung im Briefkasten
vorfinden. Die Kinder sollen erfahren: man registriert, dass ich
nicht mehr komme, hier bin ich wichtig. Wichtig ist nur, dass hier
kein auch nur scheinbarer Druck ausgeübt wird.
Geistlich motivierte Mitarbeiter
An den geistlich motivierten Mitarbeitern wird sich viel
entscheiden. Sie zu machen ist unmöglich! Was jedoch im
Rahmen des Machbaren liegt, soll hier kurz dargestellt werden.
- Kindergottesdienst ist eine so genannte Laienbewegung. Diese
Laien sind bereit, sich aktiv in ihrer Freizeit dergestalt
einzubringen, dass sie biblische Geschichten vorbereiten und mit
vielen kreativen Ideen einbringen, um einen möglichst attraktiven
Kindergottesdienst zu gestalten. Deshalb ist hier grundsätzlich
bereits von einer geistlich motivierten Mitarbeiterschaft
auszugehen.
- Diese Grundtendenz darf aber bei den Verantwortlichen der
Kirchengemeinde nicht dazu führen, diese Mitarbeiterschaft im
Stich zu lassen, sondern vielmehr soll diese Motivation und das
vorhandene geistliche Potential vermehrt werden. Das geschieht z.
B. durch regelmäßige Vorbereitungstreffen, in denen Pfarrer oder
Pfarrerin mit derselben Motivation zu Werke gehen. Die Motivation
der Leitung wird sich im Helferkreis widerspiegeln, und das
Engagement im Helferkreis bei den Kindern! Die Leitung muss sich
immer wieder vor Augen führen, dass die Vobereitung und
Durchführung eines Kindergottesdienstes als Gottesdienst dieselbe
Sorgfalt verlangt, wie die eines Erwachsenengottesdienstes. So
betont G. Otto, dass es doch ein Trugschluss sei, "die
Vorbereitung des Kindergottesdienstes ... müsse gleichsam
automatisch leichter fallen - weil es sich doch um Kinder
handle!"
- Die Motivation der Helfer wird sicherlich auch dadurch
gesteigert werden, dass man ihnen mit Wertschätzung ihrer Arbeit
begegnet, Interesse daran zum Ausdruck bringt, ihren Wünschen
ein offenes Ohr schenkt und sie unterstützt wo es nur
geht.
- Gerade die sogenannten Laien fühlen sich nach eigenem
Bekunden manchmal theologisch überfordert. Ihnen gilt es, die Texte ebenfalls elementarisiert so nahe
zu bringen und durch Material zu ergänzen, dass die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wenn sie die Vorbereitung
verlassen, in der Tendenz bereits wissen, wie sie die Geschichte
im nächsten Kindergottesdienst "an das Kind bringen"
wollen. Die Mitarbeiterschaft ist darüberhinaus in den
Vorbereitungen pädagogisch und theologisch zu schulen. Gerade die
pädagogische Schulung ist vielerorts mangelhaft. Aus dieser
Erfahrung heraus habe ich zunächst für unseren Helferkreis ein
paar grundsätzliche Regeln auf Papier zusammengestellt. Daraus ist
mittlerweile diese reichhaltige Seite im Internet geworden, die von
vielen, die in der Arbeit mit Kindern stehen, in Anspruch genommen
wird. Die Kirchengemeinde sollte auch entsprechende Schulungen der
Landesverbände nicht nur finanziell fördern.
- Die geistliche Motivation kann durch geistliches Leben im
Vorbereitungskreis gefördert werden. Hier kann gemeinsam gesungen
und gebetet werden. Im ersten Schritt kann auch über die Relevanz
des Textes im eigenen Leben nachgedacht werden, bevor man den Text
auf die Lebenswelt der Kinder überträgt. So berichten viele
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer wieder davon, wie viel sie
selbst aus den Vorbereitungen gelernt haben. Die Helfer sind
darüber hinaus auch seelsorgerlich zu begleiten.
- Kindergottesdienstarbeit ist Teamarbeit. Keiner muss alles
machen, keine muss alles können. Hier kann Verantwortung geteilt
werden. Im Team kann Gemeinschaft gelebt und erlebt werden. Um als
Mitarbeitergemeinschaft zusammenzuwachsen gilt dasselbe wie bei
Kindern: Eine warme Arbeitsatmosphäre durch Leitung und Raum sind
ebenso wichtig wie eine regelmäßige Anwesenheit der Leitung und
der Mitarbeitenden - nicht zu vergessen, dass auch die
Mitarbeitenden selbst daran interessiert sein müssen!
Ein gutes geistlich motiviertes Team kann aber dann auch
Mitarbeitende tragen, die sich selbst vielleicht noch nicht als
gläubig zu bezeichnen wagen. Es gilt dasselbe, wie H.W. Hastedt im
Zusammenhang der Elternmitarbeit im KU 3 formuliert hat: "Wir
warten nicht erst darauf, bis die Leute sich als gläubig zu
bezeichnen wagen. Wir wagen zu hoffen, dass sie gläubig
werden."
- Ein Punkt, der allgemein noch viel zu wenig Beachtung
gefunden hat, ist die Mitarbeitermotivation durch gabenorientierte
Verteilung von überschaubaren Aufgaben. Hier scheint mir der Weg,
den die Promise-Land-Arbeit eingeschlagen hat und in der
Vaterhaus-Arbeit im badischen Neuenburg erfolgreich auf deutsche
Verhältnisse umgesetzt wurde, vorbildhaft zu sein. "Niemand
soll eine Aufgabe erfüllen müssen, nur, damit eine Lücke gestopft
ist." (Gantert) Vielmehr soll jeder "in
dem Feld zum Zug kommen und sich entfalten können, in dem er am
liebsten tätig ist." Begabungen sollen
ausprobiert und Erfahrungen gesammelt werden können. Auf getane
Arbeit soll eine ehrliche Rückmeldung erfolgen, als Form der
Wertschätzung! Niemand soll über- oder unterfordert werden, keiner
unter Druck seinen Dienst tun. Denn: "Es kann nichts Besseres
passieren, als dass jeder zur richtigen Zeit am richtigen Platz
dient." Vorsicht ist allerdings da
geboten, wo zu starke Gabenorientierung daran hindert, Neues
auszuprobieren und zu lernen.
- Schließlich gilt es, die Mitarbeitenden immer wieder allein
dadurch zu motivieren, dass wir ihnen den Horizont vor Augen
malen, in dem sie ihren Dienst versehen: Sie dienen dem
Auferstandenen, der sie selbst in seine Nachfolge gerufen und in
seinen Dienst gestellt hat. Sie verkündigen die aufregendste und
frohmachendste Botschaft, von der diese Welt je gehört hat. Sie
bezeugen diese Botschaft - als Betroffene! - Kindern, die morgen
diese Welt gestalten werden.
Hausgemeinden
Hausgemeinden sollen den Gottesdienst für Th. Sorg ergänzen, damit der
Einzelne in persönlicher Atmosphäre seine Fragen und Nöte
artikulieren kann. Wo im Kindergottesdienst noch in Kleingruppen
aufgeteilt wird, die auch in der Art ihrer Aufteilung konstant
bleiben, ist dieses Element bereits vorhanden. Nach meiner
Erfahrung liegt die Obergrenze einer "guten"
Kleingruppenarbeit bei etwa 10 Kindern. In diesem Rahmen sind noch
einigermaßen persönliche Gespräche möglich und die
Überschaubarkeit ist gewahrt. D. h., die Anzahl der Gruppen muss
entsprechend der Kinderzahlen mitwachsen! Wieder ist auf die
Promise-Land/Vaterhaus-Arbeit zu verweisen, die diesen
Kleingruppen feste und regelmäßige Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern zuordnet (vgl. die seelsorgerlichen Aspekte oben!).
Auch ich habe damit sehr gute Erfahrungen in drei Gemeinden
gemacht!
In der Kleingruppe sollte im Kindergottesdienst Verkündigung
geschehen und hier kann dann auch ein Austausch über den Glauben
stattfinden. Die Kleingruppe ist auch der Ort, an dem die
Mitarbeitenden ihren persönlichen Glauben bezeugen können, nach
dem Motto: "Der Glaube ist immer persönlich - aber nie
privat." (Krause) Denn durch dieses
persönliche Zeugnis kann auch der Glaube der Kinder wachsen.
Ein Aspekt Sorgs, der damit aber verloren geht, ist, dass das
Treffen im Hauskreis, sozusagen dem Gottesdienst im Alltag
Rechnung trägt. Dies kann eine "All-in-one"
Veranstaltung nicht leisten - und braucht es auch nicht zu tun!
Denn der Kindergottesdienst soll außerhalb des Sonntags durch
andere kirchliche Veranstaltungen ergänzt werden. In vielen
Gemeinden werden dies die Angebote der Jungscharen und, wo es sie
gibt, der Kinderhauskreise ebenso sein, wie projektbezogene
Angebote.
Einführung in die biblische Lehre
Dass die Einführung in die biblische Lehre zu den zentralen
Aufgaben in der Verkündigung im Kindergottesdienst gehört, wurde
schon in der missionarischen Verkündigung ausführlich dargelegt.
Dass dies nicht im Sinne einer systematischen Lehrveranstaltung
misszuverstehen ist, liegt nach den bisherigen Ausführungen
hoffentlich auf der Hand. Einführung in die biblische Lehre heißt
für mich, Sonntag für Sonntag biblische Geschichten spannend,
ausdrucksstark und vielseitig zu erzählen.
Angebote spirituellen Lebens
Th. Sorg will unter diesem Stichwort erreichen, dass Gruppen und
Kreise neue Formen geistlichen Lebens quasi "erforschen"
um sie dann im Teebeutel-Prinzip an die Gemeinde weiterzugeben.
"Der Teebeutel vermittelt dem Wasser in der Kanne Geschmack,
Farbe und Kraft. Durch die Poren des Teebeutels, das
heißt einer verbindlichen Gruppe, gehen geistliche Einflüsse und
missionarische Wirkungen auf die Umgebung aus. Sie gibt Anstöße,
die verwandelnde Kraft haben können."
Vielerorts wird immer wieder gefordert, dass der Gottesdienst und
die Gemeinde sich gerade vom Kindergottesdienst her reformieren
lassen sollen. Jüngst so wieder B. Schröder in seinem Referat: Was
ist (uns) der Kindergottesdienst wert? So recht Schröder im Einzelnen mit seinen Forderungen auch
haben mag, ich denke, dass das Teebeutel-Prinzip auch hier
tatsächlich gelten sollte: Der Teebeutel hängt im Wasser und
gibt Geschmack und Farbe quasi automatisch ab. Jedes Nachhelfen
von außen um den Vorgang zu kürzen, schadet dem Aroma! Vielmehr
stellt sich für mich die Frage, wie wir den Teebeutel
Kindergottesdienst mit dem Wasser Gemeinde in Berührung bringen
können, was dann auch entsprechende Veränderungen bewirken kann.
An dieser Stelle geht es also auch um das Verknüpfen der
Kindergottesdienstarbeit mit anderen Bereichen unserer
Gemeindearbeit, so dass auch dadurch Gemeindeaufbau
entsteht. So gestaltet unser Mitarbeiterteam mit
anderen Gruppen der Gemeinde (Musik-, Theaterteam, ...) nicht
nur ein Krippenspiel zu Weihnachten, sondern auch einen besonderen
Gottesdienst an Ostermontag und Pfingstmontag, zudem nicht nur die
Kinder der Kinderkirche und ihre Angehörigen herzlich willkommen
sind. Findet ein Gottesdienst auf einem Bauernhof statt, bieten
wir parallel dazu Kindergottesdienst im Heuschober an etc. Solche
Angebote werden sehr gerne angenommen!
Nicht zuletzt sollte es zu einem Zusammenspiel und gegenseitigem
Ergänzen und Profitieren aller kommen, die in der kirchlichen
Arbeit mit Kindern tätig sind. Vielleicht erwächst ja daraus die
Einsicht, dass der Kindergottesdienst am Sonntag der "Gottesdienst der Kinder in der Gemeinde" (Walter) ist und als solcher auch Wert ist, gefeiert zu werden. Der
Kindergottesdienst ist eben keine Konkurrenz zu den verschiedenen
Angeboten unter der Woche!
Die Erfahrungen aus dem Kindergottesdienst können durchaus auch
Einfluss auf den Erwachsenengottesdienst, den
Konfirmandenunterricht, usw. haben - und umgekehrt! So bringt A.
Pohl zum Ausdruck, was auch meine Erfahrung ist: "Durch die
Arbeit mit Kindern gewinnt die übrige Gemeindearbeit. Meine
Beziehung zu Konfirmanden und Jugendlichen verändert sich, sie
kann gelassener, spielerischer, verständnisvoller werden. Ich kann
gute Erfahrungen einbringen in die Arbeit mit Erwachsenen, mit
Presbytern, mit Alten. Zeit, die ich in den Kindergottesdienst
investiere, ist gewonnene Zeit." Und das nicht zuletzt, weil
wir dabei "lernen, die biblische Botschaft elementar zu
verkündigen, das Evangelium so umzusprechen, daß es verstehbar,
auch fühlbar und greifbar wird."
Neue Wege im Kindergottesdienst?
Im Zuge einer ecclesia semper reformanda (stets zu reformierenden Kirche), gilt es auch den
Kindergottesdienst immer wieder auf seine "Attraktivität" kritisch zu hinterfragen und den Bedürfnissen
der Kinder im Rahmen der Evangeliumsverkündigung anzupassen.
Aber grundsätzlich gilt hier dasselbe, was G. Ebeling für den
Gottesdienst gesagt hat: "Wir müssen aufhören, uns des
Reichtums zu schämen, der uns in Gestalt des [Kinder-]
Gottesdienstes anvertraut ist. Der [Kinder-] Gottesdienstbesuch
mag noch so gering sein. Wir sollten davon ausgehen, dass schon
das Angebot eines [Kinder-] Gottesdienstes ein in unserer Welt
sich ganz und gar nicht von selbst verstehender Reichtum
ist."
Wir müssen uns klar machen: Der Kindergottesdienst ist in einer
Kirche, die für die Säuglingstaufe eintritt, "einer der
klassischen Bausteine des Gemeindeaufbaus. Wer hier mit seinen
Bemühungen um die Erneuerung der Gemeinde einsetzt, muß nicht erst
völlig neue Strukturen neben die alten setzen, sondern kann
Vorhandenes ausbauen." (Herbst, allerdings im Zusammenhang des KU)
Es müssen keine neuen Wege sein, die der Kindergottesdienst
einschlagen muss, um "zukunftsfähig" zu werden, bzw. zu
bleiben. Vielmehr gilt es, die alten Wege beizubehalten, aber
konsequent auf heutige Bedürfnisse auszubauen. Die Zeit der
Kopfsteinpflaster ist vorbei. Nostalgie ist hier fehl am Platz!
Wir brauchen einen neuen Belag auf alt-bewährtem Untergrund, um
nicht zu sagen, Fundament! Mit diesem neuen, den modernen
Bedürfnissen angepassten Belag, nimmt nach meiner Erfahrung der
Verkehr auf dem Weg zum Kindergottesdienst auch wieder zu!
Wo dieser Umbau aber im Kontext einer Konzeption für die gesamte
Gemeindeaufbauarbeit vollzogen wird, wird dies auch Konsequenzen
auf das innere und äußeres Wachstum der Gemeinde haben. Dabei
sollte nicht die Nachhaltigkeit dessen außer Acht gelassen werden,
was heute im Helferkreis und im Kindergottesdienst durch das Hören
auf Gottes Wort selbst angestoßen und bewegt wird.
Denn bei alledem muss mit allem Nachdruck unterschieden werden
zwischen dem, was Menschen zum Aufbau einer Gemeinde beitragen
können und dem, was unser auferstandener Herr Jesus Christus
selbst damit bewirkt. Wir sind wie Johannes der Täufer
Wegbereiter! Eingebunden in den Gemeindeaufbau unseres Herrn gilt
auch hier das Wort aus Joh 15,5:
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.
Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht;
denn ohne mich könnt ihr nichts tun.
|
(Diese Ausführungen sind meiner Hausarbeit für das 2.theol. Examen entnommen. Sie stammen vom Juni 2003.)
Die letzte Änderung fand am 05.05.2004 statt.
|
|